Bauen und Führen: Marionettenbau
Die Hände, die die Marionette bauen, und diejenigen, die sie spielen, sind die gleichen
von Michael Mordo
Erschienen in: Lektionen 7: Theater der Dinge – Puppen-, Figuren- und Objekttheater (10/2016)
Helles Scheinwerferlicht. Das Bühnenbild ein quer gespanntes Seil, darauf ein Wäschestück. Musik. Von rechts im Anflug eine kompakte Masse, ihre ballistische Kurve genau kalkulierend, erreicht sie das Wäschestück. Dieses wird nach links geschleudert. Darauf eine zweite kompakte Masse von links, mit dem gewaltigen Schwung eines Projektils das Wäschestück nach rechts wegfegend. Dann wieder ein unerhörter Aufprall auf das Wäschestück von rechts, dann ein noch unglaublich heftigerer von links … rechts … links … Aus dem Lautsprecher ertönen Streicherklänge.
Die schwungkräftigen Akteure entpuppen sich als Marionetten. Die von rechts kommende mit birnenförmiger Nase, dafür ohne Mund. Die von links einschwingende mit tassenähnlichem Helm, der ständig nervös auf dem Kopf hin und her rutscht, wie das Wäschestück auf der Leine. Außerdem riesige, flinke Beine. Sie gehören der Spielerin.
Im Verlaufe des Abends zeigen die Marionetten, deren Schar sich auf acht erweitert hat, noch andere, weniger vehemente Kostproben ihres reichen Könnens. Einige schweben sinnsuchend durch den Raum, andere tanzen graziös mit ihrer Spielerin, wieder andere bestechen durch ihre fein abgestuften Bewegungsfolgen, die sich aus der stummen Zwiesprache zwischen Kopf und Händen ergeben.
Die Studierenden, die diese Szenen spielen, sind auch die Schöpfer der Marionetten. Sie kennen das geheimnisvolle Leben ihrer Figuren besser als...