Zur zeitlichen Dimension der Probe
von Viktoria Volkova
Assoziationen: Wissenschaft

Die Dimension der Zeit für die empirische Untersuchung des Probenprozesses heranzuziehen, erfordert eine Herangehensweise, die sich wesentlich von der Erforschung des Verhältnisses zwischen Raum und Textunterscheidet. Die materielle und ideelle Fassbarkeit des Textes sowie die sich auf das menschliche Darstellungs- und Wahrnehmungspotenzial beziehende performative Hervorbringung von Räumen haben bei der Untersuchung der Probenprozesse zentrifugale bzw. zentripetale Bewegungen der künstlerischen Kräfte aufgewiesen (vgl. Kapitel 2.1). Zieht man die zeitliche Dimension für die Analyse des Probenprozesses heran, so lässt sich feststellen, dass die Zeit im Grunde genommen immer schon gegeben ist. Es ist lediglich die Art und Weise des Umgangs, nach der sich die Zeit ermessen lässt. Bei dem Probenprozess, der von Anfang an durch seine Spontaneität gekennzeichnet ist, geht es darum, die Zeit als Bindeglied zwischen dem Unvorhergesehenen und der Ausgangssituation darzustellen. Laut Michel de Certeau ist das Unvorhergesehene »[e]ine andere Gestalt der Verschiebung der Planungen zu dem, was sie nicht bestimmen«62. Ein Probenprozess ist im Grunde genommen ein Zusammentreffen von Menschen, die gemeinsam auf etwas warten – ein Ereignis, das ihre künstlerische Tätigkeit für die nächsten Wochen oder gar Monate bestimmen wird. Die Momente, wenn dieses Etwas kommt, sind untrennbar mit den nicht programmierten Zeiteinbrüchen verknüpft,...