Koffer
Eine Erzählung
von Gyula Molnàr
Erschienen in: Arbeitsbuch 2018: Der Dinge Stand – Zeitgenössisches Figuren- und Objekttheater (06/2018)
Gürtel in die Pfanne. Schlüssel, Kleingeld, Jacke, Schuhe, Mütze, Armbanduhr in die Pfanne. Rechner aus dem Koffer nehmen, Koffer und Rechner in separate Pfannen legen. Dieses Ritual ist heute jedem vertraut, der häufiger den Formalitäten eines Flughafens ausgesetzt ist, aber ich erinnere mich noch an mein erstes Mal, als mir all dies wie eine Szene vorkam, die ein ehrlicher Bürger lediglich aus amerikanischen Filmen, die in einer Strafanstalt spielen, kennen sollte. Auf Socken laufe ich durch den Metalldetektor, um dann auf meine Utensilien zu warten. Die kleinen Teile kommen sofort an, doch mein Koffer hängt im Tunnel der Röntgenstrahlen fest. Als er endlich rauskommt, wird er auf ein spezielles Band umgeleitet, das ihn in eine abgelegenere Ecke direkt vor eine Dame in Uniform führt, die mir mit Zeichen andeutet, ich solle zu ihr kommen.
„Do you speak English?“
„Besser auf Deutsch.“
„Gehört der Koffer Ihnen?“
„Ja.“
„Würden Sie ihn bitte öffnen?“ Ihre Stimme klingt etwas strenger als bloß professionell.
Sie trägt chirurgische Handschuhe, aber ihre Hände bewegen sich mit grober Gestik zwischen meinen persönlichen Gegenständen. Sie bringt alles durcheinander, scheint jedoch nicht zufrieden zu sein. Sie nimmt den Koffer und bringt ihn noch einmal zum Röntgentunnel. Nun kontrolliert sie mit...