Grenzgang mit Rameau
von Konrad Junghänel
Erschienen in: Oper am Rhein für alle – Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf Duisburg. Generalintendanz Christoph Meyer (2009–2025) (07/2025)

Als mich Christoph Meyer Ende 2008 anrief und fragte, ob ich Lust hätte, in seiner ersten Spielzeit an der Deutschen Oper am Rhein eine Oper von Jean-Philippe Rameau zu dirigieren, war ich sehr überrascht und etwas unsicher. Ich hatte noch nie eine Oper des berühmten Hofkompositeurs Ludwig XV. dirigiert, obwohl ich viele Jahre in Frankreich zugebracht und die französische Barockmusik dort eingehend studiert und auch praktiziert habe. Mir war bewusst, in Deutschland würde ich damit Neuland betreten.
Bis heute hat es die französische Barockoper schwer, über die Grenzen hinaus, sowohl in Richtung Deutschland als auch in Richtung Italien, an Popularität zu gewinnen. Sie ist eine Welt für sich, ein eigener Kosmos, und sie kommt ganz von der französischen Literatursprache her. Es gibt keine Bravourarien, keine Ohrwürmer, die den Zuhörenden in Erinnerung bleiben und dem Sänger, der Sängerin eine Starposition einräumen. Die eigentlichen »Erinnerungsstücke« sind die Divertissements, die gedrängten Folgen von Tänzen und Instrumentalsätzen. Sie bestimmten die Struktur der Stücke und haben viel damit zu tun, dass im absolutistischen Frankreich eine Theateraufführung fest in das Zeremoniell der höfischen Festivitäten eingefügt war.
Hinzu kommt die Besonderheit der Orchesterstimmung, die in der Barockmusik um einen Ton tiefer liegt als bei modernen Orchestern, was...