Wie in jedem Hort des Theatralen gewinnen in Mexiko Aufführungen Form und Gestalt, die den Riss in der von der zivilisierten Welt festgelegten Wirklichkeit offenbaren. Sie lassen deren Grenzen bröckeln und zerfließen. Selten und marginal sind diese Theaterformen, aber sie inspirieren und überzeugen. Dagegen überwiegt ein Theater, das sich durch eine effektive und zahme Ästhetik auszeichnet und der Mode ebenso entspricht wie den Verallgemeinerungen eines politisch korrekten und harmlosen Kunstkanons – ein Theater der artigen Anschuldigungen, konzipiert für große Bühnen und Festivals. Beispiele dafür gibt es viele, wie es sich gehört für ein Land als „aufstrebende Wirtschaftsnation“ und „beliebtes Tourismusziel“. Sie entsprechen dem „symbolischen Markt“, auf dem Mexiko, wie jede Nation, ein Themenfeld bedienen soll, das den äußeren wie den inneren Blick auf das Land bestimmt. Diese Themen entspringen internationalen Vorstellungswelten, die dieses Territorium speisen – das eher fiktiv ist als politisch oder sozial. Durch sie wird ein Wirklichkeitsmodell in szenische Form gebracht; es entspringt historischen Urverletzungen, die wiederum eine Identität und ein ungefähres Zukunftsregister hervorgebracht haben. Dennoch können diese „nationalen Themen“ leicht zu Gewohnheitsfloskeln in Sinn und Bedeutung werden, zu vorgefertigten moralischen Antworten. Vereint mit den zeitgenössischen Vorgaben einer global diktierten Ästhetik lassen sie ein mit dem „Mexiko der...