„Alle meine Stücke sind Tragödien – sie werden nur komisch, weil sie unheimlich sind“, schrieb Ödön von Horváth 1932 in der berühmten „Gebrauchsanweisung“ zu seinen Volksstücken. Allerdings hat er kein einziges davon tatsächlich als Tragödie bezeichnet. Dachte man zumindest, bis bei einer Auktion in Berlin ein unbekanntes Stück von ihm auftauchte: „Niemand. Tragödie in sieben Bildern“.
Der Titel ist schon allein deshalb passend, weil es so gut wie keine Hinweise auf die Existenz des Textes gab. Nach einem Stück, das keiner kennt, sucht auch: niemand! In der Versenkung verschwunden ist es schon kurz nach seiner Entstehung. Offenbar eine Art Kollateralschaden bei der Pleite des Verlages, dem Horváth den Text anvertraut hatte. Im März 2015 hat die Wienbibliothek das 95-seitige Typoskript ersteigert. Für 11 000 Euro. Ein Schnäppchenpreis für einen Sensationsfund.
Bereits vollständig versammelt in „Niemand“ ist die Kleinbürgerklientel, die Horváths Theaterkosmos auch fürderhin bevölkern wird. Schauplatz der Handlung ist ein Mietshaus. In der späten Uraufführung – bald 80 Jahre nach dem Tod des Autors – steht es in Gestalt eines Stiegenhaus-Ungetüms auf der Bühne des Wiener Theaters in der Josefstadt, betongrau und nackt wie ein Rohbau.
Im Grunde ist auch „Niemand“ nichts anderes als das: der Rohbau eines klassischen Horváth-Dramas....