Kolumne
Die Dialektik des Elfenbeinturms
Über die Seuchen-Kunst Korona und ihre Kritiker
Erschienen in: Theater der Zeit: House of Arts – Über Macht und Struktur am Theater (10/2020)
Assoziationen: Debatte
Notiz am 8.3.2020. Drei Wochen vor dem Lockdown: Das Nichtwissen zeigt sich. Die Hilflosigkeit wächst. Mit ihr Angst und Aktionismus. Nie für möglich Gehaltenes geschieht in kurzer Zeit. Gebiete werden abgeriegelt, Länder lahmgelegt, Kontinente werden folgen. Ganze Wirtschaftszweige verlangsamen den Pulsschlag beim Kampf um Profit, bis hin zum Kollaps.
Die Virus-Katastrophe wird zum wirksamen Mittel gegen die andere, die droht wie keine zuvor – abwiegelnd Klimawandel genannt: Der CO2-Anstieg hat sich zum ersten Mal verringert.
Klima. Virus. Tod.
Aber das Klima ist nicht bedroht, es verändert sich nur. Die gestörte Natur passt sich an das Klima an und generiert das Virus. Mehr nicht. Es gibt Lebewesen, die das nicht ertragen. Bedroht sind Pflanzenarten und andere. Auch fleischliche. Die Menschenart ist darunter. Was widersteht, bleibt, was nicht, verschwindet.
Bald wird Hauen und Stechen sein. Noch werden Fremde angefeindet, egal aus welchem Teil Asiens sie sich hergewagt haben, unvorsichtig. Unvorsichtig sind alle. Auch die, die das Virus schon personifiziert haben als „Chines“. Sie fühlen sich sicher in der Anfeindung. Die ist ihr selbst gemachter Schutz gegen das Virus. Bald wird es „italienisch“ sein. Schon schwieriger. Und bald steht der Feind innerhalb der eigenen nationalen Grenzen. Er kommt aus der nächsten Stadt, dem...