Fiebach ingeniös
Erschienen in: Recherchen 114: Fiebach – Theater. Wissen. Machen. (06/2014)
Wiewohl nicht wenige von den Afrika-Dias in seinen Vorlesungen kopfstehend auf der Leinwand landeten und Joachim Fiebach wie kein anderer der Inkarnation eines durchgeistigten Theater-Professors entspricht, der selbstverständlich nimmer ein penibler Bestücker von Vorführ-Maschinen sein würde, schien er mir seit meiner Studienzeit 1980–1984 paradoxerweise doch eher eine Art Ingenieur denn Wissenschaftler zu sein – einer, der bei allem Genie zu Metatheorie und Verwesentlichung immer wieder vor allem den reellen Phänomenen verpflichtet und ganz von menschlich sozialer Praxis inspiriert ist.
Verstärkt wurde dieser Eindruck durch die Friedrichshainer Schnoddrigkeit seines Urberliner Idioms (aufgewachsen Gubener Straße 28), in dem immer auch der Schalk möglichen Scheiterns durchklingt, eben jene Ostberliner Lässigkeit von Ingenieuren, die für beinahe jede Chose irgendeine Lösung würden finden können. Als sei er selber den frühen Dramen Heiner Müllers, besonders aus Der Bau, entsprungen, in denen diese Ingenieure als tragisch-komische Gestalten auch Stalins Gleichnis vom Schriftsteller als „Ingenieur der Seele“ fleddern. Aus Stücken also, die ohne den ingeniösen Herausgeber Joachim Fiebach und seine autorisierenden Vorworte in keinen Buchrücken eines DDR-Verlages gefunden hätten. Und ihre Abdrucke in keine sich vertausendfachende Öffentlichkeit.
Fiebachs Argumentations-Florett im Original:
Die „unreine Wahrheit“ geschichtlicher Prozesse und individueller Haltungen erscheint bei Heiner Müller in radikal zugespitzten Situationen,...