Magazin
Ein Star ohne Allüren
Zum Tod Stefan Lisewskis
von Stephan Suschke
Erschienen in: Theater der Zeit: Hamburgische Dramaturgien – Amelie Deuflhard und Karin Beier (04/2016)
Eine aufflackernde Erinnerung: Bei einem meiner ersten Berlin-Besuche als Abiturient bekam ich eine Karte für ein Stück am Berliner Ensemble, das mich wegen seines sperrigen Namens interessierte: „Zement“ von Heiner Müller in der Regie von Ruth Berghaus. Da sah ich Lisewski zum ersten Mal. Sein Tschumalow war gradlinig, unbeirrbar bis in die Versteinerung, fast ein proletarisches Monument, bis zu dem Moment, als die Revolution im Privaten, in seiner Ehe mit Dascha, scheitert. Da ging plötzlich ein Riss durch diesen großen, kräftigen und gutaussehenden Mann.
Das Proletarische war Lisewski nicht fremd. Nach der Flucht aus seiner pommerschen Heimatstadt Dirschau, wo er 1933 geboren wurde, geriet er mit seiner Familie nach Schwerin, wo er als Statist das Theater kennenlernte. Als seine erste Bewerbung an der Schauspielschule scheiterte, wollte er Hütteningenieur werden. Deshalb ging er nach Magdeburg, wo er ein Jahr als Schmelzer arbeitete. Beim zweiten Mal klappte es an der Schauspielschule, er wurde Student in Berlin-Schöneweide.
Von dort wurde er von der Weigel 1957 ans Berliner Ensemble engagiert. Er war da bis 1999 ununterbrochen engagiert, spielte als Dogsborough in Heiner Müllers „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ bis zum Februar 2015 am Schiffbauerdamm. 57 Jahre, ein Leben an einem Theater, das ihn...