Eine Stimme aus der Mitte der Stadt
von Klaus Wowereit
Erschienen in: Zeitgenoss*in Gorki – Zwischenrufe (03/2023)
Das Gorki war immer ein kleines Haus, ein Theater, das sich gegen die großen Bühnen – wie das Deutsche Theater und das Berliner Ensemble in der Nachbarschaft, oder die Schaubühne im Westen – durchsetzen, seine Existenzberechtigung behaupten musste. Glücklicherweise hat es auch nach der Wende seinen Platz behalten. Ich erinnere mich an etliche großartige Inszenierungen, die ich dort gesehen habe. 1996 zum Beispiel, noch unter der Intendanz von Bernd Wilms, Der Hauptmann von Köpenick in der Regie von Katharina Thalbach – mit Harald Juhnke in der Titelrolle, der nicht selten von Thalbach selbst vertreten werden musste, weil er eben nicht der Verlässlichste war. Was Thalbach, bei aller Trauer über die Tragödie Juhnkes, genial gemacht hat. Auf Wilms folgte erst Volker Hesse und dann die Ära Armin Petras, und nachdem klar war, dass er aufhören würde, stellte sich André Schmitz und mir die Frage: Wie soll es weitergehen? Wir haben uns ganz bewusst für einen Kulturbruch entschieden.
Shermin Langhoff, die kurz davorstand, die Leitung der Wiener Festwochen zu übernehmen, hat sich glücklicherweise bereit erklärt, ihren dortigen Weg zu beenden, noch bevor er angefangen hatte – und stattdessen gemeinsam mit Jens Hillje das Gorki ganz neu aufzustellen. Mit einem Konzept, das sie...