Die neue Symphonik
von Boris Blacher
Erschienen in: Theater der Zeit: Stoff, Inhalt, Form (08/1946)
Seit dem Jahre 1933 ist dem deutschen Publikum die Musik des Auslandes nur in Ausschnitten bekanntgeworden, die infolge ministerieller Regelungen ein in jeder Beziehung unvollkommenes, ja geradezu falsches Bild von dem Stand des außrdeutschen Musikschallens vermittelten. Die mangelhafte Kenntnis ausländischen Kunstschaffens beschränkte sich überdies auf die Musik des Westens; von dem Musikschaffen Rußands war schon seit 1914 nur sehr wenig bekannt. Seit dem Jahre 1933 wußte in Deutschland überhaupt niemand etwas darüber. Auch der Rundfunk vermochte hier nur in geringem Maße die Lücke zu füllen, da die Programme der ausländischen Sender nicht bekanntgegeben wurden und nur ein Zufall es ermöglichte, ein wesentliches Werk wirklich störungsfrei zu hören. Nachdem dem deutschen Hörer seit Beendigung des Krieges endlich der freie Empfang fremder Stationen erlaubt ist, kann er sich durch den Rundfunk wieder eine klare Übersicht vom Stand der gesamtenabendländischen Musik verschaffen.
Diejenigen, die mit Hilfe von Analogien versucht haben, die allgemeine Entwicklung wenigstens in großen Zügen zu verfolgen, sind nach dem Kriege besonders durch zwei Dinge überrascht worden : erstens durch die wieder in den Vordergrund gerückte Form der Symphonie, zweitens durch das Vorhandensein einer auf ansehnlicher Höhe stehenden amerikanischen Musik.
In Deutschland hat nach Brahms und Bruckner kein bedeutender Komponist einen...