Schwarz, Rot, Weiß. Eigentlich: Gelb
2008
von Mark Lammert
Erschienen in: Rot Gelb Blau – Texte zum Theater (10/2019)
„O, that’s Bauhaus …“
Gordon Matta-Clark mit Blick auf die von Westberliner Seite frisch gestrichene Berliner Mauer, 1987
„Die Mauer war einfach nur zwischen den Häusern“
Einar Schleef, 1982
Schwarz, Rot, Weiß. Eigentlich: Gelb
1989 im Oktober sammelt sich vor dem Atelierhaus der Meisterschüler der Akademie am Pariser Platz, den ehemaligen Ausstellungsräumen der Preußischen Akademie der Künste, die Bereitschaftspolizei zur Verhinderung von Grenzdurchbrüchen. Im November fällt die Mauer.
1990 sammelt sich dort die Bereitschaftspolizei, diesmal aus Kassel, um die besetzten Häuser in der Mainzer Straße zu räumen. 1991 findet die erste der zwei von Heiner Müller durchgesetzten Ausstellungen der Akademie (Ost) statt: „Wagner und die Symbolisten/Auf der Suche nach dem Gral.“
1992 steht Einar Schleef, groß und schon ein bisschen Furcht einflößend, vor dem Gebäude am Pariser Platz, um den Anbau einer Fahneninstallation zu überwachen. Deutsche Reichsflaggen in ihrem geschichtlichen Ablauf grüßen zum Tiergarten, ein Klang aus schwarz, rot, weiß bedeckt die Fassade. Nicht lange danach stehen mitunter völkisch-national Angesprochene vor meiner Ateliertür, offenbar einem Missverständnis aufgesessen. Die Enttäuschung ist ihnen anzusehen, wenn sie von dannen ziehen.
Derweil baut Einar Schleef in den Ausstellungsräumen der Akademie im Berliner Marstall das zweite von Müller favorisierte Projekt auf: sein bildnerisches Waffenarsenal. Alles...