Künstlertheater mit Bodenhaftung
von Stefan Keim
Erschienen in: Arbeitsbuch: Peter Carp – Weltempfänger in Luzern, Oberhausen und in Freiburg (04/2025)

Der Rhythmus stampft unaufhörlich. Immer wieder schwankt das abenteuerlich bunt geschminkte Ensemble nach vorne an die Bühnenrampe. Theaterzombies, die nach Jubel gieren, nicht nach dem Fleisch der Lebenden. Der Schlussapplaus von Herbert Fritschs „Tar-tuffe“-Inszenierung dauert lange. Sehr lange. Auch wer keine Lust mehr hat, kann irgendwie nicht aufhören. Der Groove zwingt dazu, weiterzumachen. Und irgendwann lässt man jeden Widerstand fahren, ergibt sich der Orgie des Applauses. Jetzt könnte es ewig so weiter gehen.
„Tartuffe“ war die erste Inszenierung von Herbert Fritsch am Theater Oberhausen. Mit ihr hat sich der ehemalige Berliner Volksbühnen-Schauspielerstar als Regisseur etabliert, seine überdrehte, exaltierte Form der Komödie gefunden. Und eine kongeniale Partnerin gefunden, die Kostümbildnerin Victoria Behr mit ihrer opulenten optischen Fantasie. Das war eine von vielen Leistungen des Intendanten Peter Carp. Er hat in neun Jahren ein Künstlertheater etabliert, Regieteams mit starken bis krassen Handschriften engagiert, zum Teil auch entdeckt und in Deutschland etabliert. Und gleichzeitig nie vergessen, dass Oberhausen keine Metropole ist, sondern eine Stadt im Ruhrgebiet, geplagt von heftigen finanziellen und sozialen Problemen. Ein Ort, an dem man das Publikum immer wieder erobern muss.
Mit den großen Schauwerten des Herbert-Fritsch-Theaters war das kein großes Problem. Aber Carp engagierte auch den Ukrainer Andriy Zholdak...