An den Kreuzungen der Geschichte
von Thomas Krüger
Erschienen in: Zeitgenoss*in Gorki – Zwischenrufe (03/2023)
Vorneweg ein persönliches Geständnis: Meine Geschichte mit dem Maxim Gorki Theater begann mit einem Scheitern. Nach den ersten Schritten auf der Bühne des Ökulei (der „Ökonomisch-kulturelle Leistungsvergleich“ war zu DDR-Zeiten eine Art Ritual schreibender und tanzender Arbeiter*innen) des VEB Reifenkombinat Pneumant Fürstenwalde (wo ich mich zum Plast- und Elastfacharbeiter qualifiziert habe) empfahl mir die Jury, beim Arbeitertheater „Maxim Gorki“ in Berlin anzuheuern. Jeden Mittwoch habe ich mich nach der Schicht oder dem Berufsschulunterricht aufgemacht und bin hinter der Tadschikischen Teestube in den dritten Stock zur Probebühne hinaufgeschlichen, um meine Theaterkarriere voranzubringen.
Schon bei der ersten Produktion, einem Liederabend, bin ich an meine mentalen Grenzen gestoßen. Auf dem Programm stand ein Bestseller des Oktoberklubs: „Hopsa, Hopsa rüber und nüber / Jetzt geh’n wir zum Kommunismus über / Hop - sa - sa!“ Kurz vor dem Ende der DDR habe ich mich wenigstens bei Mitgliedern des Oktoberklubs, die im Haus der Jungen Talente auftraten, revanchiert und ihnen den Song, dessen Text mir bis heute nicht aus dem Sinn kommt, vorgetragen. Immerhin hat mich das Gorki als kritisches Publikum behalten. Die legendären Inszenierungen sowjetischer Dramatik, und last but not least Die Übergangsgesellschaft von Volker Braun, haben mich geprägt und mir die Rolle des...