Man könnte das seit 2010 aktive und in Wien ansässige queere Performancekollektiv Nesterval durchaus als einen der ganz wenigen Gewinner der Corona-Krise unter den Kunstschaffenden bezeichnen. Im Pandemiejahr 2020 erhalten sie für ihre Produktion „Der Kreisky-Test“, die analog geplant war und dann als eine der ersten „Stay at home“-Performances im April via Zoom Premiere feierte, den Nestroypreis in der Kategorie „Corona-Spezialpreis“. Noch im vergangenen November legte das vor Kreativität strotzende Kollektiv mit „Goodbye Kreisky“ eine Fortsetzung jener partizipativen Online-Performance um eine alternative sozialistische Gemeinschaft im Wiener Untergrund vor, die den Erstling technisch und ästhetisch sogar noch zu toppen vermochte.
Frau (Teresa) Löfberg und Herr (Martin) Finnland, die beiden künstlerischen Köpfe des Kollektivs, versammeln für ihre Produktionen ein Ensemble von bis zu 30 professionellen wie Laien-Darstellerinnen und -Darstellern. Zu ihren Markenzeichen gehören erstens die narrative Rahmung ihrer Stoffe als Geschichte(n) der namengebenden, fiktiven deutsch-österreichischen Familiendynastie Nesterval; zweitens die Entwicklung dezidiert spielförmiger Theaterformate, die von Schnitzeljagden im Stadtraum bis zu interaktiven Performance-Installationen reichen, und drittens Gender-Fluidität, die sich auf den Ebenen der Besetzung und Figurenentwicklung bis hin zu Darstellungsweisen erstreckt.
Darüber hinaus kombiniert Nesterval häufig klassische Stoffe mit popkulturellen Welten, etwa „Dirty Dancing“ und Goethes „Faust“ zu „Dirty Faust“ (2017). Inspiriert von...