Vom Unort zur Verunortung
von Matthias Däumer
Erschienen in: Recherchen 127: Darstellende Künste im öffentlichen Raum – Transformationen von Unorten und ästhetische Interventionen (12/2017)
Bei dem 2010 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz abgeschlossenen Projekt „Unorte. Spielarten einer verlorenen Verortung“1handelte es sich um den Versuch, den Begriff Unort über kulturtheoretische Ansätze anders zu fassen als bloß über die pejorative Vagheit eines Orts, mit dem irgendetwas irgendwie nicht stimmt. Theoretische Leitlinien, um das Phänomen besser beschreiben zu können, waren damals mehr als genügend vorhanden. So war es eher das Ziel, angesichts der Schwemme raumtheoretischer Ansätze seit dem sogenannten spatial turn, das Beschreibungsinstrumentarium für den Unort möglichst einzuschränken, um einen handhabbaren Kommunikationsrahmen für eine Tagung und später dann ein Buch abzustecken.
Drei Denkmuster erwiesen sich dabei aus der Fülle an Theorie als entscheidend. Als erstes ist Marc Augés Konzept der Nicht-Orte (non-lieux) naheliegend,2 vor allem deshalb, weil es der gängigen Bedeutung eines Orts, mit dem irgendetwas irgendwie nicht stimmt, am nächsten kommt – mit der Spezifizierung, dass bei Augé das Irgendetwas und das Irgendwie benannt werden. Ihm geht es vor allem um „Transitorte“, Orte also, die nur passager durchmessen werden und dabei dem Individuum nicht (oder nicht mehr) die Möglichkeit bieten, sich selbst in ihnen zu sehen. Das heißt, dass man diese Orte identitätslos durchmisst, ohne Verankerungen in einer historischen oder kulturellen Zugehörigkeit....