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Das verwundete Land
Das Gastland Belgien wirft beim Heidelberger Stückemarkt 2016 Fragen nach der politischen Relevanz des Theaters auf
Erschienen in: Theater der Zeit: Isabelle Huppert: Exklusiv im Gespräch (06/2016)
Das hat es so noch nie beim Stückemarkt gegeben: eine gemeinsame Erklärung der Autoren, ein „Heidelberger Manifest“. Unterzeichnet haben acht von zehn Teilnehmern des Autorenwettbewerbs. Die Zehn-Punkte-Erklärung, angestiftet von der Autorin Maria Milisavljevic, fordert: „Glaube an das Theater“, „Erzähle“, „Vertraue der Macht deiner Worte“, „Schaffe eine Vision“. Es heißt da: „Theater ist Dialog“. Und: „Mach dir bewusst, dass das Theater die Wirklichkeit formt. Es verändert die Welt. Letztendlich geht es um Liebe.“ Sicher, derlei Sätze lassen sich leicht als naive Allgemeinplätze wegwischen. Doch vielleicht schlägt sich in ihnen – angesichts der Terroranschläge im Stückemarkt-Gastland Belgien – auch eine neue Art des Zusammenrückens nieder. So gelesen, ist vor allem der Gestus wichtig: als Aufforderung, Ermunterung, Ermutigung.
Von 93 Einsendungen zum deutschsprachigen Autorenwettbewerb schafften sechs den Einzug in die Finalrunde. Da sich viele Autoren bei mehreren Ausschreibungen bewerben, kam auch die Schweizerin Martina Clavadetscher mit „Umständliche Rettung“ in die Endauswahl, obwohl sie kurz vorher mit diesem Stück schon den Essener Autorenpreis gewonnen hatte. In dem biblisch grundierten Text über eine nahöstliche Stadt geht es um Erlösung, Strafe und Apokalypse. Ebenso Stefan Hornbach: Er hatte mit seiner Krankheitsstudie „Über meine Leiche“ bereits den Osnabrücker Dramatikerpreis 2015 ergattert und gelangte damit auch ins Heidelberger...