Look Out
Die Wortmusikerin
Die Schweizer Regisseurin Mélanie Huber inszeniert mit Tönen und Geräuschen – selbst Sprache wird bei ihr Klang
von Simone von Büren
Erschienen in: Theater der Zeit: Philipp Hochmair: Ein Mann, alle Rollen (11/2013)
Gläserklirren, Hühnergegacker, Wiehern, Gewittergrollen, ein knarrender Sessel. Die Regisseurin Mélanie Huber erzählt mit Tönen, bebildert mit Geräuschen, musiziert mit Wörtern. Etwa in der intimen Aufführung „Kleist in Thun – Porträt des Künstlers als verzweifelter Kleist“ am Theater Stadelhofen Zürich, in der sie Robert Walsers starken Sprachbildern mit schlichter, auf eine Holzpuppe fokussierter szenischer Aktion begegnet und sowohl die Schweizer Berglandschaft wie auch die bedrückend klaustrophobische Innenwelt des einsamen Autors durch die Akustik eröffnet.
Prominenter Bestandteil des Bühnenbilds ihrer Inszenierung von Ingeborg Bachmanns Radioskript „Die Radiofamilie“ am Schauspielhaus Zürich war ein die ganze Bühne durchziehendes Frequenzband. Leichtfüßig die Frequenzen wechselnd, führte Huber in der von Stephan Teuwissen neu montierten Fassung humorvoll durch die populäre Familiensoap aus den fünfziger Jahren.
Wenn man auf dem Frequenzband von Hubers Arbeiten hin und her springt, trifft man auf sehr unterschiedliche Klänge: den frechen Remix von „Radiofamilie“, die zarte Melancholie des Walser-Abends, die strenge Reduktion ihrer Arbeit zu Paul Claudels „Der seidene Schuh“ am Schauspielhaus Wien, die rhythmische Umsetzung von Händl Klaus’ „Dunkel lockende Welt“, das sie am Schauspielhaus Zürich mutig mit zwei Männern statt mit zwei Frauen und einem Mann besetzte.
Was die Inszenierungen verbindet, ist ihre außergewöhnliche, begeisternde Musikalität. Bei Mélanie Huber wird alles...