Die blaue Stille ist weiß. Weiß wie ein OP-Saal und weiß wie eine Zahnarztpraxis – die die beiden Protagonisten des Abends später tatsächlich heraufimaginieren. Weiß strahlt auch die gynäkologische Praxis, in der sie sich gleich danach befinden – und in der zur Abwechslung mal er die Beine breitmacht. Weiß sind schließlich auch die beiden selbst: Weiße Unterwäsche er, weiße Unterwäsche sie, auf den Köpfen tragen sie weiße Perücken, an den Füßen weiße Badelatschen. Und zu allem Überfluss befinden sie sich auch noch in einem monochrom weißen Raum, in dem sie eingeschlossen sind. Das kann ja heiter werden: Weder finden sie, das Ehepaar, dem wir hier zuschauen, den Schlüssel, um die verdammten Türen aufzukriegen, noch wissen sie den Code. Wahrscheinlich werden sie in dem Iglu, den sie sich im Lauf ihres Lebens geschaffen haben, auch gemeinsam verrecken.
Mit dieser klaustrophobischen Szene beginnt die Uraufführung „Blaue Stille“ am Landestheater Memmingen. Vor sechzig Jahren hätte man bei dem, was hier stattfindet, auf Martin Walsers „Zimmerschlacht“ getippt. Nun aber ist die 1976 in Israel geborene Maya Arad Yasur die Autorin, und mit Erstaunen nimmt man zur Kenntnis, dass Geschlechter- und Ehekrieg seitdem nichts an Schärfe verloren haben. Noch immer verletzt man sich zielsicher, weil...