Labor statt Fließband
von Rainer Simon
Erschienen in: Recherchen 101: Labor oder Fließband? – Produktionsbedingungen freier Musiktheaterprojekte an Opernhäusern (02/2013)
Jeder Kulturbetrieb – ob Musiktheaterlabor der Zukunft oder traditionelles Opernhaus – erfordert selbstverständlich Organisationsstrukturen; darin scheinen sich die Befragten einig zu sein. Gleichermaßen Einigkeit besteht wohl aber auch darüber, dass an traditionellen Opernbetrieben die strukturellen Mittel mitunter zum Selbstzweck werden, dass sie eher Besitzstände wahren, denn kreative Musiktheaterarbeit fördern. Barrie Kosky kritisiert, dass das traditionelle Produktionssystem sich nicht den künstlerischen Erfordernissen freier Projekte anpasst, sondern die künstlerischen Erfordernisse sich dem traditionellen Produktionssystem unterordnen müssen: „Grundsätzlich sollte das Projekt den Prozess definieren. Leider ist es im derzeitigen Theatersystem genau umgekehrt! ‚Das System funktioniert soundso und dann müssen wir das Projekt eben dementsprechend gestalten!‘ “26
Inwiefern sich Mittel und Zweck konkret ins rechte Verhältnis setzen lassen, auf welche freien Anforderungen die traditionellen Produktionssysteme im Detail mehr eingehen müssten, wurde bereits anhand einzelner Produktionsparameter aufgezeigt. Abschließend werden nun zwei zentrale Ansprüche freier Produktionsweisen, welche sich parameterübergreifend durch die Studie gezogen haben, noch einmal aufgegriffen und an das Produktionssystem als Ganzes gestellt: die Forderungen nach struktureller Flexibilität sowie nach Offenheit. Diese ergeben sich zum einen aus der Heterogenität der freien Musiktheaterkonzeptionen und den dementsprechend divergierenden Erfordernissen. Nur dort, wo eine Offenheit für die unterschiedlichsten ästhetischen Positionen und ein höchst flexibles Produktionssystem bestehen, könnten...