Versuche einer thematischen Ordnung
von Maria Leitgab
Im deutschen Sprachraum ist der Begriff Transgression außerhalb geologischer oder biologischer Fachkontexte kaum etabliert. In klassischen Lexika erscheint er primär in naturwissenschaftlicher Bedeutung, zum Beispiel als das Vorrücken des Meeres über zuvor trockenes Land.1
In den kultur- und geisteswissenschaftlichen Diskursen wird Transgression häufig
mit dem deutschen Begriff Überschreitung wiedergegeben, etwas wird überschritten, Grenzen werden überschritten, Grenzlinien aufgezeigt, Regeln und feste Ordnungen infrage gestellt, kurz: etwas bewegt sich. Mit dem bewegten Körper als zentrales Element in den Darstellenden Künsten wird die Bühne zum Ort der Verhandlung: von Identität, von Normen, von Machtverhältnissen. Eine positive Transgression passiert dann, wenn auch jene Körper gezeigt werden, die sonst marginalisiert, kontrolliert oder unsichtbar gemacht werden, wenn Differenzen sichtbar gemacht und als Potenzial angesehen werden.
Insbesondere im queeren Theater wird Transgression zum künstlerischen sowie politischen Akt, beispielsweise bei der Überschreitung binärer Geschlechterlogiken, dem Spiel mit Identität und Zuschreibungen oder dem Hinterfragen hegemonialer Körper- und Rollenbilder. Jenny Schrödl verwendet den Begriff der Transgression in ihrem Beitrag anhand dreier Beispiele aus der künstlerischen Praxis. Sie zeigt transgressive Geschlechtskörper, die auf verschiedene Weise gängige Geschlechternormen und Körperordnungen überschreiten: „der fluide Körper gegenüber dem Festen und Stabilen, der trans Körper gegenüber einer Einheit von geschlechtlichem Körper und geschlechtlicher Identität...