2. Sonderlinge, Informanten
von Wolfgang Engler
Erschienen in: Authentizität! – Von Exzentrikern, Dealern und Spielverderbern (03/2017)
„Nichts“, schrieb David Hume vor mehr als 250 Jahren in seinem Essay Of the First Principles of Government, „erstaunt jene, die sich mit den menschlichen Angelegenheiten gründlich beschäftigen, in höherem Maße, als die Leichtigkeit, mit welcher sich die Vielen von den Wenigen beherrschen lassen. Wenn wir näher untersuchen, was dieses Wunder bewirkt, finden wir, dass sich die Regierenden gegen die Macht der großen Zahl auf nichts weiter stützen können als auf die Meinung. Darin, in Meinung allein, gründet die Regierung. Diese Maxime erstreckt sich auf despotische und gewalttätige Regierungsformen ebenso wie auf die freien und volkstümlichen.“
So lange die „Vielen“ unverbundene Viele sind und bleiben, Einzelkämpfer, können es ihrer gar nicht genug sein. Je größer die Zahl der Sonderlinge, desto mehr verflüchtigt sich der Gemeinsinn, obsiegt die Meinung, gegen die Welt, so, wie sie ist, in oben und unten, Begünstigte und Benachteiligte geschieden, nichts ausrichten zu können. Einer feinen Beobachtung Alexis de Tocquevilles zufolge verzeihen die Regierenden den Regierten nämlich gern, dass sie sie nicht lieben, sofern sie sich gegenseitig nicht lieben. Kaum etwas entmutigt das Handeln nachdrücklicher als solche negativen Liebesbeweise, und in diesem Ehrgeiz, lieb- und bindungslose Individuen hervorzubringen, resümiert sich das Wesen (post-)moderner Regierungskunst.