Henrike Naumann, gerade sind Sie schwer zu erreichen, weil eine Ausstellung die nächste jagt. Kürzlich haben Sie im Wiener Belvedere 21 einen Raum gebaut, der ein fiktives Szenario der Machtergreifung der Reichsbürger nach der Wende zeigt. Die Arbeit spielte bereits im Rahmen des Herbstsalons 2017 des Maxim Gorki Theaters in Berlin eine Rolle, wo Sie einen Raum im Kronprinzenpalais Unter den Linden bis unter die Decke als begehbares Ensemble vollgerempelt hatten mit Schrankwänden und Vitrinen, angeordnet wie die Kultstätte in Stonehenge. Warum lässt Sie das Thema nicht los?
Die Ausstellung in Wien war eine gute Gelegenheit, mehrere Recherchestränge zusammenzuführen. Zum einen ist das die erwähnte Arbeit „Das Reich“, welche ich für das Kronprinzenpalais entwickelt habe. In dem dortigen Bankettsaal wurde 1990 der Vertrag zur „Deutschen Einheit“ unterzeichnet, was die Anhänger der Reichsideologie zum Anlass nehmen, die Rechtmäßigkeit der Bundesrepublik anzuzweifeln. Nach ihrer Argumentation hätte, wie im Grundgesetz von 1949 festgeschrieben, ein Friedensvertrag ausgehandelt werden müssen. Ich habe mit der historischen und ideologischen Aufladung des Ortes gearbeitet und dort ein Stonehenge aus Schrankwänden errichtet – ein Ort zwischen kommissarischer Reichsregierung und völkischer Kultstätte. Die verschiedenen Ebenen deutscher Geschichte, die an diesem Ort eingeschrieben sind, fügen sich zu einem verschrobenen Bild zusammen....