Kolumne
Proust!
Hochsicherheitsdrama um den Kreuzberger Buchladen Kisch & Co.
Erschienen in: Theater der Zeit: Das große Kegeln – Zur Machtdebatte am Theater (06/2021)
Assoziationen: Debatte
„Sitzungspolizeiliche Anordnung“ ist ein schönes Wort, selbst wenn ich mich unausgeschlafen frage, ob es nicht eher polizeiliche Sitzungsanordnung heißen müsste. Sie werden es sich schon gut überlegt haben. Dieses Anordnungsdeutsch jedoch entwickelt einen gewissen Sog, und je weiter ich lese, desto weniger kann ich mich entziehen. Mit Blick auf die Kontrolle in der Eingangsschleuse steht unter V.3.d: „Die Untersuchung ist auf das Schuhwerk zu erstrecken“; unter V.3.e: „Das Kopieren der Ausweise für die schnelle Identifizierung von Störerinnen und Störern wird angeordnet. Die Kopien sind unverzüglich nach Schluss der Sitzung zu vernichten.“ Das glaube ich gern. Zweimal ist der Termin für die Verhandlung verschoben worden, der Richter wurde um zwei weitere aufgestockt, und dann ist der zivilrechtliche Prozess auch noch örtlich verlagert worden, ins Kriminalgericht Moabit. Immer noch unausgeschlafen frage ich mich, gegen welche Terrormiliz es hier geht. Es geht aber, ich schwöre es, um einen Buchladen, es geht um die Räumungsklage gegen Kisch & Co.
Wie in meiner ersten Kolumne in dieser Spielzeit beziehe ich mich auch in meiner letzten auf den vom Kreuzberger Kiez so geliebten Laden. Zu viel Drama, Baby. Seit Juni 2020 soll er eigentlich schon weg sein, weil der neue Eigentümer, ein gesichtsloser Immobilienfonds, ihn nicht...