Magazin
Geschichten vom Herrn H.: Stimmen einer Generation
von Jakob Hayner
Erschienen in: Theater der Zeit: Lilith Stangenberg: Kunst ist Bekenntnis (12/2019)
Diese Kolumne beginnt ungewöhnlich, nämlich mit einem persönlichen Geständnis: Ich habe mich herausgefordert gefühlt. Und zwar als ich gelesen habe, dass Simon Strauß’ neuestes Buch mit den Worten „Die Stimme einer Generation“ beworben wird. Ich wollte wissen, wodurch man dieses Edelprädikat verliehen bekommen kann. Und ich wollte vor allem wissen, wer da eigentlich meine Stimme ist. Oder über wen behauptet wird, er wäre es. Ich bin nämlich im selben Jahr geboren wie Strauß. Nach einer landläufigen Definition sind wir eine Generation. Strauß ist, so viel sei vorausgeschickt, ein geschätzter Kollege, ein Theaterkritiker mit großer Bildung und genauer Beobachtungsgabe, bekannt geworden mit kritischen Einwürfen zur Auswahl des Theatertreffens und einer von ihm initiierten Serie über vergessene Stücke in der FAZ. Kürzlich hat er ein Plädoyer für das Dramatische mit der treffenden Formulierung von der „Wirkung durch Eigenart“ der Kunst begründet.
In „Römische Tage“, so der Titel des Buches, folgt man dem Protagonisten – ein junger Mann, der ein Buch namens „Römische Tage“ schreibt – für zwei Monate nach Rom. Er kommt am 1. Juli in der ewigen Stadt an. „Zweihunderteinunddreißig Jahre und acht Monate nach Goethe“, wie schon der dritte Satz des Buches verrät. Das klingt ein bisschen prätentiös. Aber...