Interaktionsrituale in den Probensituationen
von Viktoria Volkova
Assoziationen: Wissenschaft

In den vorangegangenen Kapiteln habe ich den Probenprozess als ein Geschehen dargestellt, das sich aus vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Ereignissen zusammensetzt. Diese Ereignisse stellen die maßgeblichen Elemente einer Inszenierung bereit. Entscheidend ist, dass diese Elemente im Lauf des hochgradig repetitiven Probenprozesses sukzessiv modifiziert und verfeinert werden, um schließlich in die Endfassung der Aufführung einzugehen. Wie in der Einleitung dieser Arbeit bereits vermerkt wurde, bestimme ich die Probensituation als die elementare Analyseeinheit eines Probenprozesses. Was genau unter einer Probensituation zu verstehen ist, hat meines Erachtens Konstantin Stanislawski im ersten Teil seines Werks Die Arbeit des Schauspielers an sich selbst im schöpferischen Prozess des Erlebens – wenn auch nur indirekt – verdeutlicht. Jeder, der mit diesem in Form eines Tagebuchs verfassten Werk vertraut ist, weiß, dass der Regisseur Torzow seinen Schauspielschülern im gesamten Studienjahr immer wieder dieselben Etüden vorzulegen pflegt, um anhand dieser Übungen neue Begriffe und Psychotechniken einführen zu können, die er mit seinen Schülern anschließend gemeinsam durcharbeiten kann. Während dieses Zeitraums schafft der Regisseur für seine Studierenden mithin etliche Studiensituationen,1 die für die Schüler zwar einerseits nicht unbekannt sind, aber andererseits immer wieder unvorhersehbare Herausforderungen provozieren. In diesen Studiensituationen sollen die Studenten (oft auch anhand eigener Fehler) lernen,...