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Das Tiefe so leicht
Noam Brusilovsky erhält den Hörspielpreis der Kriegsblinden für „Die Arbeit an der Rolle“
von Thomas Irmer
Erschienen in: Theater der Zeit: Frank Castorf – „Wallenstein“ in Dresden (06/2022)
In der von ihm selbst erzählten Geschichte des amerikanischen Bariton-Stars Lucia Lucas gibt es gleich mehrere Verwandlungen. Die in die jeweilige Rolle eines breit angelegten Repertoires, aber auch die eines Outings als Transgender-Frau, die ihre mittlerweile berühmte Stimme einer männlichen Stimmlage verdankt und mit der Bekanntmachung ihrer Identität durchaus etwas riskierte in der Opernwelt. „Singen lernen bedeutet, die eigene Stimme zu entdecken“, erkennt Lucas. Schließlich war es auch eine Befreiung, denn die Männerrollen konnten nun unbefangen gespielt und gesungen werden – als somit authentische Verwandlung.
Lucas erzählt das mit einem charmanten amerikanischen Akzent in Barrie-Koskyhafter Leichtigkeit mit einigen Gesangsbeispielen aus „Don Giovanni“ und „Der fliegende Holländer“. Allein das macht große Freude, würde aber im Modus eines Features verbleiben, wenn Noam Brusilovsky nicht auch die lose Rahmung einer Künstlernovelle von E. T. A. Hoffmann dazu komponiert hätte. In „Don Juan“ fällt ein reisender Opern- Enthusiast durch eine Tapetentür im gerade bezogenen Hotel direkt in Mozarts „Don Giovanni“ hinein. Brusilovsky hat diese Erzählerfigur mit Mechthild Großmann besetzt, bekanntlich die tiefste weibliche Stimme im Schauspiel-Olymp.
So entsteht in dieser SWR-Produktion ein mehrschichtiges Spiel um Stimmen, Kunst und deren eben nicht damit festzulegender Identifizierung zwischen Wirklichkeit und Fiktion – ein großartiges Hörstück im stimmigen...