Von Drehern, Nietern und proletarischer Kultur
Über prekäre Arbeitsbedingungen und die politischen Kampfjahre der 1930er in und um Kampnagel
von Sophia Hussain und Carina Book
Erschienen in: Kampnagel Hamburg. 40 Jahre Widerspruch – Workbook zum Jubiläum (07/2024)

»Wenn auf dem Arbeitsamt ein Kollege nach Kampnagel vermittelt wird, dann beginnt für ihn ein neuer Leidensweg. Die Hölle am Osterbekkanal ist den meisten Kollegen bekannt. Was aber den Neuangestellten dort erwartet, das auszumalen, dazu gehört wirklich eine besondere Gabe (…) Hier sieht der Arbeiter alle Raffinessen kapitalistischer Rationalisierung. Rasende Maschinen, niedrige Akkordpreise, ständig kontrolliert durch die Männer mit der Stoppuhr, Antreiberei durch Obermeister, Meister, und solche, die es werden wollen, und sich dabei bemühen, sich gegenseitig den Rang abzulaufen, das ist es, was jedem Neuangestellten gleich auffällt.«1
Die Arbeitervorstadt Barmbek im Jahr 1929. Die Arbeitsbedingungen in der Maschinenfabrik Nagel & Kaemp2 sind prekär. Die Rekonstruktion der damaligen Verhältnisse bedeutet aus heutiger Sicht eine Zusammensetzung und Übereinanderlegung unterschiedlicher Zeitzeugnisse. Einblicke hinter die Mauern der stahlgesäumten Maschinenfabrik am Osterbekkanal finden sich in historischen Akten, journalistischen Dokumenten, wie etwa die 1929 in der Norddeutschen Zeitung erschienene Arbeiterkorrespondenz. Auch künstlerisch-literarische Verarbeitungen des Arbeitsalltags in der Fabrik, wie im Roman »Maschinenfabrik N.&K.« des Arbeiterschriftstellers Willi Bredel, vermögen es, einen Hauch von Geschichte ins Hier und Jetzt zu wehen. Bredel hatte in den Jahren von 1927 bis 1928 in der Maschinenfabrik Nagel & Kaemp als Dreher gearbeitet und war noch kurz vor seiner...