Die Kategorie der Offenheit und Transparenz, die Bestandteil jeder Schauspielausbildung ist, erweist sich im Rahmen performativer Spielpraktiken in noch höherem Maß als Voraussetzung, damit die Entfaltung eines transformatorischen Potentials gelingen kann. Die Analyse des Probenprozesses von Chétouane zeigt dies auf (vgl. S. 200 ff.). Die Körperarbeit zu Beginn jeder Probe, die Übungen zur Öffnung der Wahrnehmung der Studierenden zielen auf eine „Verräumlichung“ ihrer Körper. Die Verbindung der Schauspielerkörper untereinander sowie zum Raum und den Zuschauenden, beispielsweise durch Bewegungen, Berührungen, durch imaginäre Linien oder direkte Blicke, stellt die Basis für die Öffnung eines gemeinsamen Erlebnis- und Erfahrungsraums dar. Die Verräumlichung der Körper erzeugt eine bestimmte Raumspannung, die durch eine „Präsenz der Gelassenheit“ und durch die Öffnung der vierten Wand zu den Zuschauer/-innen gekennzeichnet ist. So entsteht eine offene Situation, in der sich die Akteur/-innen und Zuschauer/-innen darüber bewusst sind, dass sie sich in einem gemeinsamen Raum befinden. Werden innerhalb dieser offenen Situation Texte gesprochen, findet dies nicht nach einem vorher erarbeiteten Gestaltungsprinzip statt, sondern erfolgt ungeplant. Es gibt keine Sicherheiten auf der Bühne, sondern nur die Bereitschaft des Schauspielers bzw. der Schauspielerin, durch das Sprechen des Textes eine Erfahrung zu machen sowie den Raum für mögliche Erfahrungen zu öffnen, die unvorhersehbar...