Nach den Ereignissen in Chemnitz regt sich in der Medienlandschaft wieder einmal reflexartig die Frage: Was läuft da schief bei den Ostdeutschen? Eine Antwort ließe sich in „Wer wir sind. Die Erfahrung, ostdeutsch zu sein“ von Jana Hensel und Wolfgang Engler finden.
„Wer wir sind“ ist ein Gespräch zwischen einer Frau und einem Mann, zwischen einer Vertreterin der sogenannten dritten Generation Ost, die die Wende als Teenager erlebt hat, und einem Vertreter ihrer Elterngeneration, und es ist nicht zuletzt auch das Gespräch zwischen einer Journalistin und einem Kultursoziologen. Ausgestattet mit all diesen verschiedenen Erfahrungshintergründen, kommen Hensel und Engler miteinander ins Gespräch, erkennen Gemeinsamkeiten und Unterschiede, geraten in Streit und versuchen doch immer wieder, offen, ohne Angst vor Widerspruch, einander gegenüberzutreten. Gerade dadurch bleibt das Buch über 288 Seiten spannend. Beide, die oft moralisch bewegte und Merkel allzu schnell beispringende Zeit-Journalistin und der hin und wieder sehr distanziert, fast zynisch und bei der Frage der „Identitätspolitik“ gar verbissen argumentierende Kultursoziologe, teilen eine Suchbewegung, die sich gleichermaßen in die ostdeutsche Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft richtet.
Englers und Hensels gemeinsame Hauptthese ist sehr schlüssig und längst überfällig: Die Gründe für das Erstarken von AfD und Pegida in Ostdeutschland sind weniger in der...