Dispersionen und Exekutionen
Zur Nebenfigur im Tanz
von Katja Schneider
Erschienen in: Recherchen 171: Nebenfiguren (11/2024)
Assoziationen: Tanz
Zu Beginn eine Nebenbemerkung über die Figur im Tanz: Tanzende erscheinen als Figuren und führen Figuren aus. Ob in einem traditionellen Handlungsballett, in einem Werk des Modern Dance oder in einer handlungslosen Choreografie – Figur wird tanzwissenschaftlich als »Raumgestalt, […] die Kontur des darstellenden Körpers« verstanden, zugleich auch als »die Einheit einer Bewegungsfigur und die daraus abzuleitenden Möglichkeiten ihrer Positionierung in der Syntax ihrer Bewegungsfolgen«1. Beschreibbar ist die Figur als eine »Zeit- und Raum-Organisations-Formel«,2 die auf eine (teils schriftlich niedergelegte, teils nonverbal tradierte) Codierung der Bewegung3 verweist. Der repräsentative Aspekt einer Figur wird so stets flankiert von einem ästhetischen.
»Seit dem 17. Jahrhundert«, so schreibt Gabriele Brandstetter, »wird die Bezeichnung Figura zur Bezeichnung bestimmter Schrittkombinationen – danze figurate – verwendet. Ebenso ist damit aber auch die Konstellierung der Gesamtfigur der Choreografie (ihre ›Karte‹) und die Interaktion der Tänzer (ihre Konfiguration) gemeint«.4 Peter Stamer ordnet der repräsentativen Ebene die »Kohärenzzeichen«5 »Figur und De-Figur«6 zu, während er für die ästhetische Ebene »Figuration« verwendet, die »figurativ nicht ordnungsfähig ist, aber dennoch in Erscheinung tritt«7. Figuration und Figur seien in einer dynamischen und komplexen Weise aufeinander bezogen, insofern sie beide mit kulturellen Kontexten verknüpft seien,...