Magazin
Ein Stoiker im Chaos
Zum Tod des Schauspielers Hans-Michael Rehberg
von Thomas Irmer
Erschienen in: Theater der Zeit: Theater ist kein Wettrennen – Barbara Frey am Schauspielhaus Zürich (01/2018)
Er spielte mehr als fünfzig Jahre auf der Bühne, meist an den großen, gerade wichtigen Theatern. Als Sohn des Preußen-Dramatikers Hans Rehberg in Fürstenwalde geboren, war der Schulabbrecher über die Essener Folkwang-Schule ans Theater gekommen, um im Alter von nur dreißig Jahren gleich Bayerischer Staatsschauspieler zu werden.
Der hagere Mann mit der hohen Stirn war prädestiniert für die strengen Charaktere, aber er konnte auch anders, leicht und komödiantisch, oder manchmal alles zugleich. Für Peter Zadek kehrte er 1983 am Münchner Residenztheater aus Solness einen wunderlich magischen Baumeister hervor. In den späten Jahren wurde Andrea Breth seine bevorzugte Regisseurin. Unvergessen die absurd-artistischen „Zwischenfälle“ 2011 am Wiener Burgtheater, in denen Rehberg neben der Komik als verzweifelter Orchesterdirigent auch den Einzelgänger als Ensembleschauspieler zeigte. Als solcher hatte ihn der polnische Gastregisseur Grzegorz Jarzyna 2003 bewusst an die Berliner Schaubühne geholt: In Brechts „Dickicht der Städte“ ging Rehberg als Shlink in der Buntheit heutiger Megacitys (in den damals neuartigen Projektionen von Julian Rosefeldt) wie ein Stoiker durchs Chaos.
Diese unheimliche Ruhe, deren Zentrum für den Zuschauer schwer zu orten war und deshalb erhöhte Aufmerksamkeit einforderte, ließ auch den internationalen Film auf ihn aufmerksam werden. In Steven Spielbergs „Schindlers Liste“ verkörperte er den Auschwitz-Kommandanten Rudolf...