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Musik: In Konzerthäusern und Technoclubs
von Ulrike Rechel
Erschienen in: Theater der Zeit: Aleksandar Denic: Realität des Absurden – Bühnen für Castorf in Berlin und Bayreuth (06/2013)
Francesco Tristano hat zuletzt viel erlebt und ausprobiert: Er hat auf dem Klavier klassische Werke eingespielt, zuletzt etwa von Bach und Buxtehude, er hat eigene Stücke komponiert und sein Instrument nach dem Verfremdungsprinzip John Cages präpariert. Zwischen Konzertabenden vor Klassikpublikum schob er DJ-Sets mit House-Music ein. In Interviews ging er auf die Parallelen zwischen Bachs „unendlicher Melodie“ und dem Mixing-Prinzip des Plattenauflegens ein. Unlängst trommelte der Luxemburger seine Band zusammen, besetzt mit zwei Klavierspielern und einem Schlagzeuger.
Aufgang heißt das Trio, das außer Tristano aus Rami Khalifé – Spross des libanesischen Oud-Virtuosen Marcel Khalifé – sowie Schlagzeuger Aymeric Westrich besteht. Die drei Musiker trafen sich vor rund zehn Jahren in New York, eingeschrieben an der renommierten Juilliard School. Dort absolvierten sie neben den Lektionen in den Vorlesungsräumen eine weitere intensive Schulung: Die führte das Trio nachts durch die Clubs, wo Techno von Carl Craig, Jeff Mills oder Robert Hood lief. Seither haben sich Tristano, Khalifé und Westrich neben der Klassik konsequent ins ästhetische Vokabular der Clubmusik vertieft. Unter der Aufgang-Fahne verkuppeln sie beide Sphären ihrer Lehrjahre: Ihre Stücke werden von geraden, teils live gespielten, teils programmierten Beats vorangetrieben; das doppelt besetzte Klavier agiert immer zugleich als Beat-Maschine, bei der auch...