1.2. Höllenpastete
von Sebastian Kirsch
Erschienen in: Das Reale der Perspektive – Der Barock, die Lacan’sche Psychoanalyse und das ‚Untote‘ in der Kultur (07/2013)
Ähnliche Beschreibungen von zerstückelten und zerfallenden, aber auch von über alle Maßen ausgezehrten und schrecklich entstellten Körpern tauchen nun auch in den übrigen »Sueños« inflationär auf. Zu Beginn des dritten Traums, der den Höllengang zum Inhalt hat, gerät der Träumer an eine Weggabelung. Der eine Weg – der zum Himmel – ist voller Klippen, holprig und gefährlich, so dass man ihn nicht zu Pferd bewältigen kann. Trotzdem gehen einige diesen Weg –
aber da sie barfuß und nackt waren, ließen die einen auf dem Weg die Haut, andere die Arme, wieder andere Köpfe oder Füße, und alle schwankten gelb und ausgezehrt dahin. (T 46)
Der andere Weg, der zur Hölle führt, ist hingegen breit, überfüllt und voller lustiger Gesellschaft. Die Körper scheinen hier – allerdings nur auf den ersten Blick – vollständig zu bleiben. Auf diesen Weg gerät auch der berichtende Träumer, als er einen Moment lang nicht achtgibt. Bemerkenswerterweise lässt Quevedo nun aber die beiden Wege als verwechselbar erscheinen. Der Träumer jedenfalls ist fest davon überzeugt, nach wie vor auf dem Himmelspfad zu sein, denn
auf dem ganzen Höllenweg konnte ich weder Schreiber noch Büttel entdecken. Und da ich keine sah, schloss ich daraus, dies sei der Weg zum...