Maya Zbib – Unabhängiges Theater als politische Position
von Anna Furse
Erschienen in: Recherchen 104: Theater im arabischen Sprachraum – Theatre in the Arab World (12/2013)
Ich habe Maya Zbib zunächst am Telefon kennengelernt, im Rahmen eines Interviews für ihren M.A. in Performance Making an der Londoner Goldsmiths Universität. Wir hatten mehrere Gespräche zwischen dem ländlichen Frankreich und Beirut, als im Sommer 2006 während des relativ kurzen, 34 Tage andauernden Krieges die Bomben um sie herum einschlugen. Sie machte sich große Sorgen, das Land nicht verlassen zu können. Schließlich gelang es ihr doch, nach London zu kommen, wo sie ein intensives Studienjahr auf dem Goldsmiths Campus erwartete.
Maya erwies sich als eine außergewöhnliche Studentin, in intellektueller wie kreativer Hinsicht. Sie brachte unvergessliche, erstaunlich intime und direkte Solos zur Aufführung. Zusammen mit einer kleinen Gruppe von Frauen verschiedener Nationalitäten schuf sie einen bemerkenswerten Parcours ortsbezogener Arbeiten, der das Publikum durch ein institutionelles Wohngebäude führte, in dessen Schlaf- und Badezimmern schockierende Installationen zum Thema Frauenunterdrückung gezeigt wurden. Der Raum, der ihr zur Verfügung stand, war durch eine modifizierte Weltkarte markiert. In diesem kleinen Zimmer wand sich Maya auf einem durchwühlten Bett wie ein Häftling in seiner Zelle oder eine Sex-Sklavin. In diesem weiblichen Mikrokosmos füllte sich der kleine Raum mit Assoziationen von globaler Reichweite.
In Beirut zählt Maya zu dem im Jahr 2006 gegründeten Kollektiv aus sechs libanesischen...