Ermutigen und herausfordern
Vier Jahrzehnte Praxis als Akteur und Zuschauer
von Tristan Vogt
Erschienen in: Offen! Das internationale figuren.theater.festival – Erlangen Nürnberg Fürth Schwabach (05/2025)

Inspiration
Eigentlich wage ich mir gar nicht auszumalen, wie mein beruflicher Lebensweg verlaufen wäre, hätte ich nicht das unverhoffte Glück gehabt, während meiner Nürnberger Abiturzeit – vor über 40 Jahren – von einer der ersten Ausgaben des Internationalen Figurentheater-Festivals Erlangen/Nürnberg überrascht zu werden (Fürth und Schwabach waren damals noch nicht dabei). Gerade hatte ich die Zusage vom Hohnsteiner Puppentheater (dem Schallplatten-Idol meiner Kindheit) in der Tasche, in der nächsten Spielzeit als Eleve mit auf Tour zu gehen, da kaperten internationale Figurentheatertruppen die Nürnberger Bühnen des Schauspielhauses, der Kammerspiele, des Gostner Hoftheaters, des Burgtheaters und verzauberten mit Virtuosem, Abgründigem, Surrealem, Nie-Gesehenem. Erstaunt und beglückt stellte ich fest: Das ist das Theater der Zukunft, nicht nur der Nostalgie!
Lange blieb ich dann nicht bei den Hohnsteinern, studierte – eher aus dem Wunsch nach intellektueller Anregung denn mit ernsthaften akademischen Absichten – in Erlangen Literaturgeschichte und Soziologie und sah dann bei der nächsten Festivalausgabe 1985 im kleinen Nürnberger Burgtheater Neville Tranters markerschütterndes Coming-out mit den „Sieben Todsünden“. Ein zutiefst berührender Höllenritt, getragen von persönlichem Mut und unbedingter Authentizität. Unerreichbar für mich Anfänger, aber doch die Initialzündung, meinen eigenen Weg in diesem Genre zu suchen und dabei auch persönliche Ängste, Schatten und Dämonen zu...