ästhetik des antikolonialen
von Julia Reichert
Erschienen in: Love Play Fight – Dein Neumarkt 2019-2025 (06/2025)

In ihren Arbeiten wählt Daniela Ortiz bewusst Formen und Ästhetiken, die als populär oder sogar als «kindisch» oder «naiv» gewertet werden: Flaggen, Kinderbücher, Puppentheater, Illustrationen, Spielzeuge, Ziergeschirr etc. Sie vermeidet Verklausulierungen oder Metaphorik, ist bewusst «literal», deutlich, und stört sich nicht daran, als didaktisch oder auch propagandistisch wahrgenommen zu werden. Im Gegenteil, diese «einfachen» Formen verbinden sich mit expliziten politischen Positionierungen, anti-kolonialer Poesie und einer Art magischem Realismus, bzw. Poetic Justice, wo Kokosnüsse von in botanische Gärten gesperrten Palmen migrationsfeindliche Innenminister erschlagen oder Geister verschleppter Kinder revolutionäre Graswurzelbewegungen unterstützen. Ob dabei für europäische Augen und Ohren alles dechiffrierbar ist, bleibt sekundär, denn sie arbeitet an einer Kunst, die – mal phantastisch, mal wütend, mal spielerisch – Europa aus dem Zentrum nimmt und sich nicht primär zur Konsumation geschaffen sieht. Kunst ist ein Mittel, liebevoll und handgemacht, mit einer ordentlichen Portion Humor, und doch: ein Mittel zum Zweck. Das verleiht ihren Arbeiten sowohl eine gewisse Verspieltheit, Chuzpe, Kraft und vor allem: Dringlichkeit.
«Take my blood and write on the soil the people must know we are being taken prisoners – eine antikoloniale Verbeugung vor der Cromotex-Gewerkschaft» von Daniela Ortiz (Spielzeit 2022/23)