Protagonisten
Letzte Worte
von Michael Eberth
Erschienen in: Theater der Zeit: Für eine kurze, lange Minute – Die Schauspielerin Valery Tscheplanowa (05/2014)
Assoziationen: Akteure
Als wir uns in der Woche nach Dimiter Gotscheffs „Zement“-Premiere in seiner Berliner Wohnung zu dem Gespräch trafen, dem er sich lange verweigert hatte, war das raue Husten, das aus den Abgründen seiner Lungen kam, nicht zu überhören. Auch das tonlose Keuchen nicht, in dem der vom Lachen bewegte Atem verendete. Wir nahmen’s als Protest eines Körpers, auf den Gotscheff beim Rauchen und Trinken keine Rücksicht nahm. Dass es die Symptome einer Krankheit zum Tode waren, ahnten wir nicht. Er hatte ja noch so viel vor. Einen „Richard III.“ an der Volksbühne. Ein „Warten auf Godot“ am Deutschen Theater. Ein „Endspiel“ am Burgtheater. Einen „Tartuffe“ (mit Finzi und Koch) in Paris. Einen Russen in Sankt Petersburg. Dass ich seine letzten festgehaltenen Worte kürzte, als ich das Gespräch für das Arbeitsbuch von Theater der Zeit redigierte, ahnte ich auch nicht. Umso schöner, dass sie jetzt in ihrer Zerrissenheit, ihren explosiven Betonungen, ihrem eigenwilligen Abweichen von den Regeln der deutschen Sprache in voller Länge und ohne Eingriff erscheinen können.
Ich hatte das Gespräch mit ihm gesucht, weil ich ihn fragen wollte, warum er sich angesichts der bunten Vielfalt der Welt so beharrlich in den lichtlosen Bunker zurückzieht, in dem Heiner Müller das...