Abschied von Dugong
von Nina Gühlstorff
Erschienen in: Im Schatten der Zahnradbahn Vol. 2 – Theater Rampe 2013 – 2023 (04/2023)
Die Dugong-Seekuh wurde für ausgestorben erklärt, lese ich gerade. Sie sei sehr schreckhaft gewesen, und als ich das Foto anklicke, werde ich erst recht traurig, denn es scheint so, als sei ein sehr freundliches Tier von uns gegangen. Die Freundlichen erwischt es immer zuerst. Plötzlich erscheint es mir kinderleicht, ein paar Worte zum Abschied an der Rampe zu schreiben. Selbst dass mir zugedacht wurde, dass ich mich besonders von der Bühne verabschieden soll, mit der ich seit Jahren eine On-Off-Beziehung pflege, die auch ziemlich emotional ist, ist plötzlich ein Kinderspiel angesichts des Artensterbens. Ich denke: Wir müssen in den nächsten Jahren eh richtig gut werden im Abschiednehmen, die Dugong-Seekuh ist ja jetzt nur ein einzelner von mir herbeizitierter Fall innerhalb der großen Katastrophe, die ansteht.
Ich werde den Abschied also schnell und pragmatisch hinter mich bringen. Als ich die Bühne der Rampe kennen gelernt habe, da war sie keine Black Box wie jetzt, sondern eine White Box. Martina Grohmann und ich haben uns 2003 kennengelernt, als wir – beide engagiert vom Landestheater Tübingen – eine Koproduktion mit der Rampe machten, „Die Liebenden“, ein Text von Maxi Obexer. Schöner Text, hat Spaß gemacht. Einsame Menschen mit großer Sehnsucht vor weißen Wänden....