Entwarnung kam von Feridun Zaimoglu selbst. Kurz vor der Uraufführung seines „Moses“-Dramas in Oberammergau gab der Schöpfer der „Kanak Sprak“ und Urheber so verbalzotiger Theatertexte wie einer „Othello“- Neudichtung für die Münchner Kammerspiele (2003) zu Protokoll, er habe den alttestamentarischen Figuren keine moderne Sprache verpasst. Das dürfte bei nicht wenigen im berühmtesten Passionsspielort der Welt für Erleichterung gesorgt haben. Dort hat man sich zwar im Laufe der letzten Jahre an etliche Neuerungen in der uralten Spieltradition gewöhnt. Ein fluchender Pharao aber oder ein mit Fäkalworten um sich werfender Prophet hätten dann doch für Zündstoff gesorgt.
Im Jahr 2000 wurde Oberammergau erstmals ein Fall fürs Feuilleton. Christian Stückl war damals zum zweiten Mal Spielleiter der Passion, die seit einem Pestgelübde von 1634 alle zehn Jahre aufgeführt wird. Die Dorfbewohner hatten ihrem Herrgott anno dazumal versprochen, die letzten Tage Jesu regelmäßig auf die Bühne zu bringen, so er sie vom schwarzen Tod verschone. Das Wunder geschah, das Versprechen wurde gehalten. Bis weit ins 20. Jahrhundert galt die Oberammergauer Passion je nach Sichtweise als Ausweis gelebter Frömmigkeit, als Geschäftemacherei bauernschlauer Voralpenländler (zuletzt, 2010, pilgerte eine halbe Million Besucher aus aller Welt ins 5000-Einwohner- Dorf) oder aber als unsäglicher Kitsch. Kunst war nicht vorgesehen....