Musizierendes Berlin
Heinz Tießen
Erschienen in: Theater der Zeit: Surrealismus und was man dafür hält (12/1946)

Heinz Tießen ist am 10. April 1887 in Königsberg/Ostpreußen auf die Welt gekommen. Mit Natur und Kunst und vor allem mit Musik eng verbunden wuchs der Knabe auf. Als sechsjähriger konnte er bereits die Mutter bei Liedern von Schubert und Brahms begleiten. Nach dem Wunsch des Vaters sollte der Sohn Jurist werden. Aber in Berlin trat Heinz Tiefen 1905 in das „Sternsche Konservatorium" ein. Komposition wurde hier der Mittelpunkt des Studiums. An der Universität hörte er daneben Vorlesungen über Literatur, Musikgeschichte und Philosophie. „Jungen Chors", der sich aus jungen sozialistischen Arbeitern und Angestellten gebildet hatte. 1925 wurde er Kompositionslehrer an der „Staatlichen Hochschule für Musik", an der er weiterhin maßgeblich tätig war. Die zweite Periode seines Schaffens („Totentanz-Suite" für Violine und Orchester, „Vorspiel zu einem Revolutionsdrama", Chorwerk „Aufmarsch", Lieder und Klavierstücke) ist gekennzeichnet durch eine expressive polyphone Schreibweise. Zur „Atonalität" (grundsätzlichen harmonischen Beziehungslosigkeit) blieb Tiefen trotz klanglicher Annäherungen im Gegensatz, wie überhaupt seine Musik im tiefsten Wesen trotz mancher Wandlung sich gleich bleibt und modische Eingleisigkeiten meidet. Groß ist sein Schülerkreis geworden, dem unter andern Eduard Erdmann, Paul Höffer und Sergiu Celibidache angehören. In der dritten Schaffensperiode (sie bevorzugt Einfachheit und Eigenkraft der Melodie) entstehen eine „Ernste Hymne" für Blasorchester,...