Es geht nur weiter, wenn man die Dinge auseinanderhält
von Dirk Baecker
Erschienen in: Recherchen 99: Wozu Theater? (01/2013)
Der Verdacht könnte radikaler nicht sein, aber er wird mit einem Augenzwinkern und in drei Akten vorgetragen. Er hat einen Anfang und ein Ende. Seine Struktur, wie immer im Theater, ist die des Fehlschlusses. Er überzieht sich selbst und gibt dadurch etwas anderes zu erkennen. Könnte es nicht sein, so der Verdacht, dass alle unsere Paradiese nicht nur künstlich sind, wie Baudelaire vermutete, sondern dass ihre Kunst die Katastrophe will und aus der Katastrophe geboren ist, wie Burroughs es sich vorstellte? Ist das Theater nicht selber der Ausdruck einer sozialen Technik im eminenten Wortsinn, die es erlaubt, die Katastrophen zu zünden, zu überleben und vorzuführen: Nachahmung, Sprache und Offenlegung?
Ivan Stanev kennt sein Theater und er kennt unser Theater. Er ist dem Verdacht auf den Grund gegangen und lachend wieder zurückgekehrt. Die Katastrophe, so seine Diagnose des Theaters, ist auch nur eine Strophe. Die einen gehen in ihr unter, die anderen schauen zu und machen weiter. Hat das Theater je eine andere Botschaft gehabt? Hat es unter diesen Zuschauern, die in das Geschehen verwickelt werden und sich dennoch nicht einwickeln lassen, nicht immer mehr gelitten als unter allem anderen? Ist es deswegen nicht immer schon mehr von jenem schrecklichen Verdacht,...