Juri Andruchowytsch, vor nicht allzu langer Zeit versuchten Sie in einem offenen Brief, die Lage in der Ukraine zu schildern. Damals befürchteten Sie eine Diktatur, den Ausnahmezustand, eine Art Nordkorea am Rande Europas. Einen Monat später wurde Präsident Viktor Janukowytsch gestürzt, und die Ereignisse überschlugen sich. Ist die Lage heute zu unübersichtlich, um auch sie in einem offenen Brief zu erläutern?
Bestimmt wäre es sinnvoll, das, was zurzeit in der Ukraine passiert, weiter zu kommentieren, auch ab und zu in einem offenen Brief. Aber mir scheint, das Interesse hat ein wenig nachgelassen. Das kann sich natürlich jede Minute ändern, vor allem im Hinblick auf den Osten des Landes, die Krawalle dort. Dazu gäbe es einiges zu sagen, ebenso wie zur Aggression der Russen, zur Annexion der Krim. Im Januar noch war mir alles vollkommen klar. Wo wir stehen, um was es geht, welchen Gegner wir haben. Das alte Regime hat unzählige Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Heute sind die Verhältnisse tatsächlich verworrener.
Adressiert war Ihr Brief an Freunde, Journalisten und Redakteure im Ausland, die Sie mit Fragen bestürmt hatten. Ich nehme an, überwiegend aus dem Westen. In Ihrem Essay „Mittelöstliches Memento“ berichten Sie von einem der beliebten Treffen zwischen östlichen...