Einleitung
von Florian Evers
Erschienen in: Recherchen 139: Theater der Selektion – Personalauswahl im Unternehmen als ernstes Spiel (11/2018)
Eigentlich spielen wir hier alle Theater – die ganze Zeit!1
O. L., Human Resource Manager eines DAX-gelisteten, multinationalen Konzerns im Interview über seinen Arbeitsalltag
Nein, das ist kein Theater. Ich definiere Theater als Unterhaltung – ob es nun Komödie oder Tragödie ist – aber es ist Unterhaltung!2
S. C., Seminarschauspieler im Interview über sein Berufsfeld
1 Vier Szenen
Rijswijk, Niederlande, 2. Juli 2014
In einem Development-Center-Prozess für Verkäufer eines großen deutschen Automobilherstellers spielt ein Mitarbeiter um seine berufliche Zukunft. Mehr noch, er spielt sich selbst. Oder er spielt denjenigen, der er gerne wäre. Vielleicht aber auch spielt er das vor, von dem er annimmt, dass es sozial erwünscht sei, spielt den Menschen, von dem andere fordern, dass er dieser zu sein hat, um eine berufliche Zukunft zu haben. All dies oder auch Mischformen dieses Konzepts seiner Außenwirkung laufen hier unter dem Label ‚Authentizität‘. Der Mitarbeiter wurde aufgefordert, so authentisch wie möglich zu sein. Er berät den Schauspieler, der seinen kaufkräftigen Kunden spielt, so versiert und freundlich wie möglich. Er spielt improvisiert in einer vorab konzipierten Theaterszene, spielt aber gewissermaßen auch um Punkte. Das Spiel weist als Spiel aus, dass er hier nicht wirklich einen Wagen verkaufen wird. Der...