Nach einer sehr coronakompatiblen Beckett-Trilogie im Juni startet das Wiesbadener Theater mit einer sich nicht um Abstandsregelungen und Mäßigung scherenden deutschsprachigen Erstaufführung in die neue Spielzeit. Hinter dem herrlichen Titel „Die Küste Utopias“ verbirgt sich eine Trilogie des englischen Autors Tom Stoppard, die im angelsächsischen Raum bereits für Furore gesorgt hat. 2002 in London uraufgeführt, heimste etwa die New Yorker Broadway-Produktion gleich sieben Tony-Awards ein, auch in Frankreich und Japan war das Ganze schon zu sehen. In drei Teilen – Aufbruch, Schiffbruch, Bergung – widmet sich Stoppard der russischen Intelligenzija im 19. Jahrhundert. Süffig erzählt er vom Leben und Lieben berühmter Persönlichkeiten wie Michael Bakunin, Alexander Herzen und Iwan Turgenjew, wobei sich die Handlung von 1833 bis 1868 erstreckt.
Es beginnt auf dem Landgut Premuchino irgendwo in der russischen Provinz. Dort haust die Großfamilie Bakunin, die sich im ersten Bild an einem langen Tisch um ihren Patriarchen Alexander versammelt. Die Töchter liebreizen in weißen Kleidern, während die Mutter matronenhaft auftrumpft und der Vater altbekannte Sprüche absondert und sich die tuberkulöse Seele aus dem Leib hustet. In diesen Zeiten ziemlich démodé. Egal.
Vom ersten Augenblick an inszeniert die Regisseurin Henriette Hörnigk, Chefdramaturgin und stellvertretende Intendantin am Neuen Theater in Halle, den...