Seltsam ernüchtert betritt man den Großen Saal des Festspielhauses Hellerau, seit Mitte November die „Kuschelstube“ abgebaut wurde. Die Rekonstruktion des in der Theatergeschichte bahnbrechenden Appia-Salzmann-Raumes von 1912 hatte in der Tat etwas von einem weißen Raum der Snoezelen-Therapie. Kontemplation und völlige Sinnenkonzentration auf das Geschehen zugleich. Als Beschwörung der kurzen Gründerzeit des europäischen Kunstzentrums nahe Dresden vor dem Ersten Weltkrieg intendiert, blieben die vier Wochen in diesem Herbst doch weniger ein museales als ein zeitlos-sinnliches Erlebnis. Die rund 7000 Besucher konnten nachempfinden, wie intensiv performative Kunst mit dem sie umgebenden Raum korrespondiert, ja auch kollidieren kann.
Bei Original und Nachbau fließen zwei Komponenten zusammen. Zum einen kombiniert die modulare Bühne des Bühnenpioniers Adolphe Appia verschiedene kubische Elemente. Sie sind hineingesetzt in den schattenfreien Lichtraum des in Tiflis geborenen Alexander von Salzmann. Der 1862 in Genf geborene Appia war eigentlich studierter Musiker, rieb sich aber bald an den damals vorherrschenden naturalistischen Bühnenbildern und zweidimensionalen Kulissen. Gemeinsam mit dem von der Malerei kommenden Lichttechniker Alexander von Salzmann und dem Musikpädagogen Émile Jaques-Dalcroze konzipierte er ab 1910 für das entstehende Festspielhaus Hellerau unter anderem diesen legendär gewordenen Bühnenraum.
Dieser brach mit dem Konzept der Guckkastenbühne, eröffnete einen sozialen Raum der Interaktion und kann...