Matthias von Hartz, Sie haben das Festival Foreign Affairs vom Herbst in den Sommer verlegt. In Berlin sind ab dem 19. Juni Schulferien, viele sind verreist. Klingt ein bisschen riskant. Sind Sie ein risikofreudiger Mensch?
Ich glaube, ja. Wir machen ein Festival mit großen Schwerpunkten, interdisziplinären Projekten, zahlreichen Neuproduktionen, die wir vorher nicht sehen konnten, und zeigen neben den ganz großen Namen auch einige Künstler, die hier noch kaum jemand kennt.
Dazu passt die „Wette“, ein diskurs-performativer Schwerpunkt Ihres Festivals. Sie haben Wirtschaftswissenschaft studiert und wahrscheinlich einen ganz guten Einblick in Spekulationsgeschäfte und Wirtschaftskrise.
Das Interessante bei der Beschäftigung mit Spekulation ist ja, dass alle so tun, als würde Spekulation Risiko ausschließen. Die italienische Soziologin Elena Esposito, die auch auf dem Festival zu Gast sein wird, weist in ihrem Buch „Die Fiktion der wahrscheinlichen Realität“ darauf hin, dass Roman und Wahrscheinlichkeitsrechnung zur gleichen Zeit entstanden sind. Beides letztlich Fiktionen. Der Unterschied zwischen Wette und Spekulation ist, dass bei der Wette immer klar ist, dass man verlieren kann, während bei der Spekulation das Risiko in Prozente umgerechnet wird. Damit ist das Risiko abgebildet und scheint nicht mehr eintreten zu können. Wenn es dann aber doch eintritt, bricht sofort Panik aus, obwohl...