Bis in die philosophischen Abgründe hinein zeigt sich der Faust-Stoff in seiner Leipziger Bearbeitung von den Schlacken der Geschichte befreit. Selten ist der Ideen- und Dramensaboteur Sebastian Hartmann über den Akt der Destruktion hinaus so weit zu einer eigenen Theatersprache vorgedrungen. Selten hat er sich so rücksichtslos auf das diabolische Spiel der Welt eingelassen, es mit ihm getrieben, ohne bloß oberflächlich seine Wut zu formulieren und Kunst mit billigem Protest zu verwechseln.
Das Opfer, das Hartmann dafür bringt, ist nicht weniger als: das Drama selbst. Am Anfang der Inszenierung – der samtrote Bühnenvorhang öffnet sich mit üppig-schönen Faltenwürfen – brennt artig ein Bühnenfeuerwerk ab. Es knallt, funkelt, stinkt und die Bühne versinkt im Rauch. Der Teufel kann nicht mehr weit sein. Doch er wird nie als eine eigenständige Rolle an diesem Abend zu sehen sein. Keiner und keine der insgesamt elf Darsteller und Darstellerinnen wird es durchgehend mit einem der Goethe’schen Charaktere aufnehmen.
Über diese szenische Totalverweigerung hinaus kauft Hartmann dem Spracherzieher Goethe, der die deutsche Sprache bühnenreif drechselte, keinen einzigen Vers, kein einziges Wort mehr ab. Und wenn an diesem Abend doch einmal gesprochen wird, so in fiktiven Lauten. Lallen, murmeln, streiten, begehren – dazu bedarf es keiner der...