4
Erschienen in: Letzter Vorhang (05/2017)
„Hallöchen, Polli“, rief er mir noch fröhlicher zu als gewöhnlich. „Heute jibt’s wat Besonderet, nich wahr?“
Peppi war der Einzige im Haus, der mich Polli nannte, und er hatte auch sonst seine Eigenheiten. Seit 1988 bewachte er den Bühneneingang zum Liebknecht. Vor dem Fenster der Pförtnerloge hing einst ein Spiegel, durch den Peppi von seinem Pult aus Passage und Innenhof vor dem Theater im Visier hatte und er, wie er sie nannte, „fremde Subjekte“, die durch die Einfahrt kamen, rechtzeitig daran hindern konnte, gegen die gegenüberliegende Wand neben der Abendkasse zu pinkeln.
Nur schwer ließ er sich dazu bewegen, den Spiegel abzumontieren. Er wurde ein paar Jahre darauf übrigens durch Kameras ersetzt, was Peppi als einen späten Triumph wertete. Besonders hartnäckig hielt er Anfang der Neunziger an dem A2-formatigen Buch fest, in das sich zu DDR-Zeiten alle Besucher hatten eintragen müssen. Dieses Eingangsbuch stammte aus der Wetzel-Zeit. Wetzel war in den Siebzigern Intendant gewesen, dann von Honecker zum Stellvertretenden Kulturminister befördert worden.
Nach der Wende setzte sich am Haus das Prinzip Anarchie durch und Hartung, der 1991 übernahm, zeigte nie Ambitionen, Kontrollpraktiken aus der alten Zeit weiterzuführen. Peppi leistete jedoch erbitterten Widerstand gegen den neuen Schlendrian. Hartung wusste das und...