Hamlet wird nie alt. Er ist immer wieder neu der junge Intellektuelle, den die Praktiken der Macht anekeln. Er spürt in sich den „Riss in der Zeit“ und sieht keinen Ausweg. Resignation oder Revolte? Er kann sich nicht entscheiden – und daran letztlich geht er zugrunde. T. S. Eliot hat Shakespeares Stück „die Mona Lisa der Literatur“ genannt und gefolgert: „Wir müssen verstehen, was Shakespeare selber nicht verstand.“ Ein Gedanke, wie er Platon in seinen Dialogen immer wieder beschäftigt, dieses: „Wir müssen, wie es scheint, erwägen, wie beschaffen etwas ist, von dem wir noch gar nicht wissen, was es ist“ („Menon“). Die Hamlet-Frage also ist keine rein retrospektiv zu behandelnde, sie hat immer etwas mit der gegenwärtigen Verfasstheit von Geschichte zu tun – und dem Stellenwert des Intellektuellen in ihr.
Diesem Unterfangen widmet sich Peter W. Marx in seiner überaus kompakten Umschau nach den Hamlet-Projektionen der vergangenen zweihundert Jahre. Doch Goethe und Nicolai, die Frage nach Hamlet zwischen Aufklärung, Klassik und Romantik, werden dann (gemessen am Folgenden) relativ knapp auf den ersten hundert Seiten abgehandelt. Dem Autor geht es vor allem um die verschiedenen Aufführungsformen der vergangenen hundert Jahre. Hamlet als „nationaler Sehnsuchtsfigur“ widmet sich das zweite Kapitel, die „Sehnsucht...